Zollkosten fallen laut Coface vor allem auf Wirtschaft der USA zurück

Zürich/Paris - Coface-Fachleute beobachten zunehmend Anzeichen dafür, dass die Kosten für die US-Zölle vorwiegend auf die Unternehmen und die Endverbrauchenden übertragen werden. Auch die Spitze des Inflationseisbergs werde sichtbar.

(CONNECT) Fachleute des Kreditversicherers Coface bewerten die jüngste Zinssenkung der US-Notenbank (Fed) als eine bewusste Entscheidung, mehr Risiken auf der Inflationsseite in Kauf zu nehmen. Dies beziehen sie auf die Mandate der Zentralbank, die Beschäftigung hoch und die Inflation niedrig zu halten. Den Schritt der Fed, die Leitzinsen um 25 Basispunkte auf eine Zielspanne von 4,00 bis 4,25 Prozent zu senken, bezeichnen sie dabei als vorsichtig. 

Laut der Coface-Analyse der Arbeitsmarktsituation bestätigen die Daten für September 2025 einen Abwärtstrend im Arbeitsmarkt. Im August wurden nur 22'000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Gleichzeitig wurde die bislang geschätzte Zahl der 2025 bis März geschaffenen Arbeitsplätze um fast 1 Million deutlich nach unten korrigiert. „Zwar leuchten nicht alle Indikatoren rot“, so Coface, „doch sind leichte Verschlechterungen auf dem Arbeitsmarkt in der Regel nicht linear: Sie können sehr schnell von einer allmählichen zu einer plötzlichen Abschwächung übergehen.“

Fed-Chef Jerome Powell habe im Kontext der Zins-Entscheidung erklärt, dass er unter der Prämisse handle, die durch Zölle verursachte Inflation dürfte nur von kurzer Dauer sein. Daher habe diese bei der Festlegung der geldpolitischen Ausrichtung weniger Gewicht als sonst. Sicher könne er sich jedoch nicht sein.

Zwar ist die derzeitige Inflationsrate von 3 Prozent im Vergleich zu den zweistelligen Werten von 2022 niedrig, liegt jedoch bereits im 54. Monat in Folge über dem Zielwert der Fed von 2 Prozent. Daher sieht Coface eine nicht ausreichend restriktive Geldpolitik als grösstes Risiko an.

Als wichtigen Druckpunkt für eventuelle zukünftige Risse in aggregierten Zahlen wie der nationalen Arbeitslosenquote oder dem Index für Verbraucherpreise identifiziert der Kreditversicherer die Zollkosten. Die teils massiv erhöhten Einfuhrzölle würden entweder vorwärts an ausländische Export-Unternehmen weitergegeben oder rückwärts an andere Hersteller, Gross- und Detailhändler und damit letztlich an die Verbraucherinnen und Verbraucher. Oder aber sie werden in der Mitte in den Margen absorbiert.

Nach Ansicht von Coface stellen die nach der Einführung der Zölle deutlich gestiegenen Preise für einige Warengruppen die Spitze des Inflationseisbergs dar: Audiogeräte +16,3 Prozent seit März, Bettwäsche +6,8 Prozent, Grossgeräte +5,3 Prozent, Film- und Fotozubehör +5 Prozent, Fahrräder +4,5 Prozent, Spielzeug +3,7 Prozent und Fahrzeugersatzteile +3 Prozent. Bei Stahl um Aluminium, die die bisher höchsten Zollsätze von +30 Prozent seit Februar verzeichnen, zeigt sich den Angaben zufolge eine Übertragung sowohl nachgelagert auf andere Industrien der USA als auch vorgelagert auf ausländische Export-Unternehmen. Unter diesen seien kanadische und chinesische Exporteure am meisten besorgt.

Der Getränkesektor zeigt die stärkste Übertragung auf die Exporteure. Dagegen scheint der Automobilsektor derzeit ein Musterbeispiel für eine Absorption in der Mitte der Lieferkette zu sein: Die Zölle sind um 16 Prozent gestiegen, die Preise für Neuwagen blieben gleich.

„Insgesamt sehen wir zunehmend Anzeichen dafür, dass die Zollkosten überwiegend auf die US-Wirtschaft übertragen werden, wobei ein Teil davon bei den Unternehmen verbleibt und ein Teil die Endverbrauchenden erreicht“, so Coface. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Übertragungsprozess noch lange nicht abgeschlossen sei. Die Gründe: Verzögerungen bei der Umsetzung der Zölle, die Pufferwirkung durch grosse Lagerbestände und der sequenzielle Ansatz der Unternehmen bei der Strategie ihres Zollmanagements. Das Fazit von Coface lautet: „Es ist noch zu früh, um endgültige Schlussfolgerungen über die Gewinner und Verlierer des Handelskriegs zu ziehen.“

In Bezug auf Auswirkungen auf die Schweiz beschreibt die Grossbank UBS im aktuellen Outlook Switzerland, wie der Vertrauensverlust in den Dollar zu wachsenden Kapitalzuflüssen in den Franken als sogenanntem sicheren Hafen geführt habe. 2025 sei der Franken gegenüber dem Dollar bereits um 10 Prozent aufgewertet worden. 

Bereits vor den jüngsten Zoll-Ankündigungen für den Pharma-Bereich schätzte die UBS, das BIP-Wachstum könne über vier Quartale um rund 0,4 Prozentpunkte tiefer ausfallen. Im Falle einer Verlagerung der Pharmaproduktion in die USA über fünf Jahre hinweg, könnte das bis zu einem Viertel des prognostizierten Wachstums kosten. „Eine tiefe Rezession dürfte der Schweizer Wirtschaft aber auch in diesem Fall erspart bleiben”, so die Prognose der UBS.  

Coface unterstützt Schweizer Unternehmen seit 1995 bei ihrer internationalen Entwicklung und betreibt Standorte in Zürich und Lausanne. ce/mm/yvh

Zurück zur Übersicht