Wo sehen Sie die grössten Stärken Zürichs im internationalen Vergleich? Und wo sehen Sie Handlungsbedarf?
Zürich ist klein genug, um Orientierung, Nähe und ein Daheimsein zu vermitteln, aber doch auch gross genug, um alles zu bieten, was man sich an Dienstleistungen, Entertainment und Internationalität wünscht. Die Wege innerhalb der Schweiz sind nach wie vor kurz und die Erreichbarkeit gut. Das ÖV-Angebot und die Erschliessung sind grossartig. Handlungsbedarf sehe ich bei der Behandlung von internationalen Firmen, Steuerthemen und zum Teil leider auch beim Föderalismus zum Beispiel mit den unterschiedlichen Bauvorschriften je nach Kanton und Gemeinde, was vieles erschwert.
Einen qualitativen hochwertigen Standort zeichnet auch die Verfügbarkeit von erschwinglichem Wohnraum aus. Was braucht es, damit für die wachsende Bevölkerung genügend bezahlbarer Wohnraum entsteht?
Es braucht Verdichtung, damit höher und grösser gebaut werden kann. Dafür braucht es weniger einschränkende Gesetze, wie zum Beispiel der Lärmschutz, ISOS (Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz), Brandschutz und vieles mehr. Die Einsprachen sollten darauf beschränkt werden, dass nur berechtigte Einsprachen möglich sind, das heisst Einsprachen, die rein auf Verzögerung aus sind, zum Beispiel wegen Ästhetik oder Schattenwurf, sollten nicht mehr möglich sein. Auch die Verfahren für die Baubewilligungen sollten einfach und schneller abgewickelt werden. Hier hoffe ich aufgrund der hohen Komplexität sehr auf KI, die in diesem Bereich in Zukunft viel Vorarbeit leisten kann. Weiter sollte der Markt spielen können – weniger Regulierungen führen zu mehr Wohnraum und zu schnelleren Umsetzungen. Steigt das Angebot, so wird die Nachfrage kleiner und die Mietpreise beginnen wieder zu sinken.
Der Fachkräftemangel dürfte sich mit dem Ausscheiden der Babyboomer aus dem Arbeitsmarkt verschärfen. Welche Lösungen sind aus Ihrer Sicht notwendig?
Es braucht mehr Vertrauen in KI und darauf, dass die einfachen repetitiven Arbeiten durch diese automatisiert werden können. Dazu braucht es aber auch Innovation in den Unternehmen, um interessante Jobs auf allen Ebenen anzubieten, flexible Arbeitszeiten, Homeoffice und viel Sinngebung für die Mitarbeitenden, um sie zu binden. Weiter brauchen wir auch nach wie vor die Zuwanderung, um alle Stellen besetzen zu können.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Entwicklung der Regulierung in der Schweiz und im Kanton Zürich? Erleben Sie steigende bürokratische Hürden oder bietet der Standort genügend Freiraum für unternehmerische Innovation?
Meines Erachtens sind wir massiv überreguliert. Wir versuchen überall Gesetze anzuwenden und neu zu erschaffen. Dies unterbindet oft Innovation und vor allem auch das benötigte Tempo. Es werden insbesondere im Immobilienbereich viele Bauten erschwert, be- oder gar verhindert. Der Markt wird ausgehebelt, was nicht gut ist. Es gibt sehr viele negative Beispiele in der Wohnpolitik und Gesetzgebung. In Genf und Basel ziehen sich die Investoren vollkommen zurück und investieren nicht mehr. Dies ist langfristig ein Desaster.
Was muss aus Ihrer Sicht geschehen, damit Zürich auch in 20 Jahren noch ein führender Wirtschaftsstandort ist?
Es sollte eine wirtschaftsfördernde Politik positioniert und umgesetzt werden. Es müsste eine umfassende, verständliche Informationspolitik über Themen wie Steuern, Wohnen, Zuwanderung, und Innovation geben. Und keine Kommunikation über Emotionen wie Angst, Neid oder Wut. Die breite Bevölkerung muss die grossen Zusammenhänge verstehen, um sich eine Meinung zu bilden und richtig abstimmen und handeln zu können.