Ist die Schweiz digitalisierungsfeindlich?

Entgegen der breit geteilten Auffassung, dass die Digitalisierung viele Chancen bietet, legt die Politik ihrer Anwendung immer wieder Steine in den Weg. Auch die Prinzipien der Wettbewerbs- und Vertragsfreiheit fallen der Regulierungstätigkeit zum Opfer. Jüngstes Beispiel ist die sog. „Lex Booking“, der das Parlament mit grossen Mehrheiten zugestimmt hat.

In der Herbstsession hat der Nationalrat einen Entscheid des Ständerats deutlich bestätigt: Buchungsplattformen für die Hotellerie sollen sog. „enge“ Paritätsklauseln untersagt werden. Vertragsbestimmungen, die einem Hotel Eigenangebote mit tieferen Preisen untersagen, würden verboten. Die Befürworter machen kein Hehl daraus, dass sie damit konkret gegen die Buchungsplattform booking.com vorgehen wollen. Dies erinnert unweigerlich an die Diskussionen um ein Verbot des Fahrdienstanbieters Uber. Im Kanton Zürich wird z.B. darüber debattiert, mit dem neuen Taxigesetz die Tätigkeit von Fahrtenvermittlern, die über digitale Plattformen operieren, zu erschweren. Die beiden Beispiele haben eine Gemeinsamkeit: In beiden Fällen soll ein relativ junges, für die Konsumenten vorteilhaftes digitales Angebot aus Angst vor negativen Auswirkungen auf bisherige Marktteilnehmer regulatorisch behindert werden. Dies widerspricht den Grundprinzipien einer liberalen Wirtschaftsordnung und ritzt die Vertragsfreiheit unter Privaten. So wie es Hoteliers freisteht, einen Vertrag mit einer Buchungsplattform einzugehen, muss es dem Plattformbetreiber möglich sein, bestimmte Bedingungen hinsichtlich Konkurrenzangebote zu stellen. 

Ob in einem bestimmten Fall eine Wettbewerbsverzerrung aufgrund marktbeherrschender Stellung vorliegt, ist durch die Wettbewerbskommission (WEKO) unter Berücksichtigung des branchen- und technologieneutralen Kartellgesetzes zu beurteilen. Die WEKO hat denn auch sog. „weite“ Preisparitätsklauseln untersagt, liess die „enge“ Variante aber bewusst offen. Dass nun der Gesetzgeber vorschnell aktiv wird, um bestimmten Branchen gezielt „Heimatschutz“ zu gewähren in der Absicht, sie vor allfälligen negativen Auswirkungen der Digitalisierung zu bewahren, widerspricht jeglichen liberalen Prinzipien. Zudem könnte sich der Schritt als klassisches Eigentor erweisen: Verschwinden Buchungsplattformen vom Markt, leidet darunter nicht zuletzt die Hotelbranche, vor allem kleine Betriebe, da deren Vermarktungskosten massiv zunehmen dürften. 

Die Politik muss mehr Gelassenheit zeigen, will sie die Rolle der Schweiz als Nährboden für zukunftsweisende Entwicklungen nicht verspielen. Dabei gilt: Chancen der Digitalisierung nutzen statt voreilig verreglementieren!

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