(CONNECT) Die Eskalation des Handelskriegs zwischen den USA und China bringt laut Coface erhebliche Risiken mit sich, die insbesondere auch die spezialisierte und exportorientierte Schweizer Wirtschaft betreffen. Die Fachleute des global agierenden Kreditversicherer und Risikomanagers sehen ein Basisszenario als wahrscheinlich an, in dem die Wirtschaft der USA unter dem Gewicht der Unsicherheit und der Zölle in eine Rezession gerät.
Ein durch Zölle verursachter Einbruch der Importe dürfte die Preise für Industriegüter stark erhöhen oder bestimmte importierte Güter gänzlich unrentabel machen. Die Unterbrechung des Handels mit Vorleistungsgütern trifft in dieser Perspektive insbesondere die Sektoren Automobil, Batterien, Maschinen, Chemikalien, Möbel, Spielzeug und Metalle. Laut diesem Szenario verlangsamt sich der Konsum, die Arbeitslosigkeit steigt auf bis zu 6 Prozent, Unternehmensinsolvenzen nehmen zu und die Inflationsrate steigt von 2,4 Prozent im März 2025 bis zum Jahresende auf 4 Prozent.
Die Fachleute betonen, dass der Zollkrieg noch dramatischere Folgen wie etwa eine Zahlungsbilanzkrise haben könnte. Das zeichnet sich in einem Risikoszenario ab, das ihrer Meinung nach zwar weniger wahrscheinlich, aber dennoch der Diskussion wert sei. Es basiert darauf, dass das Handelsdefizit derzeit durch ausländische Kapitalzuflüsse finanziert wird und der Status des Dollars als globale Reservewährung ernsthaft infrage gestellt werden könnte. In diesem Fall würden ausländische Finanzströme versiegen oder sich umkehren, im Zuge einer Währungsabwertung würden Importe noch teurer. Konsequenzen seien höhere Renditen von Staatsanleihen und Kreditkosten sowie letztlich eine starke Rezession.
Für dieses verschärfte Szenario sprechen laut Coface parallel ablaufende Bewegungen, die die Fachleute als ungewöhnlich ansehen. So sei der Dollar gegenüber dem Euro seit dem 2. April von 0,93 auf 0,88 gefallen, die Renditen für Staatsanleihen seien um 50 Basispunkte gestiegen und seit Jahresbeginn habe der Aktienindex S&P 500 bereits 7,6 Prozent seines Wertes verloren. Auch wenn Zölle zurückgenommen, abgeschwächt, verschoben oder in ein Abkommen umgewandelt würden, sehen die Expertinnen und Experten in ihnen ein starkes Zeichen: Das Weisse Haus sei bereit, mit der makroökonomischen und finanziellen Stabilität der USA und der Welt zu spielen.
Im Coface-Basisszenario für China wird der Zollschock teilweise durch inländische Konjunkturmassnahmen abgefedert. Ein wirkungsvoller Schritt, weil der Inlandsabsatz 81 Prozent des Umsatzes der Industrieunternehmen und die direkten Exporte in die USA nur 2,7 Prozent ausmachen. Auf der fiskalischen Seite könnte sich die Unterstützung auf nachfrageorientierte Massnahmen verlagern.
Auch hier wird ein Risikoszenario aufgemacht, nach dem eine weitere Eskalation auf andere Handelspartner übergreifen könnte. Um dem entgegenzuwirken, ist Pekings Annäherung an exportorientierte Volkswirtschaften, die eher zum Multilateralismus neigen. Dazu zählen Japan, Südkorea, Südostasien und Europa. Diese Strategie erscheint den Fachleuten angesichts der Unsicherheiten in der US-Zollpolitik zwar plausibel, doch müsse China Bedenken dieser Länder hinsichtlich chinesischer Dumpingpraktiken ausräumen.
Die Schweiz befinde sich in einer heiklen Position zwischen China und den USA, heisst es. In den letzten Jahren sei der Anteil der Exporte nach China kontinuierlich auf 11 Prozent im Jahr 2023 angewachsen, der US-Anteil betrug 2023 nach einer leichten Abschwächung 15 Prozent. Dabei sind die vom Zollschock betroffenen Bereiche zentral für die Schweizer Aussenwirtschaft: Chemisch-pharmazeutische Produkte, Medtech einschliessende Präzisionsprodukte sowie Metalle und Metallwaren machen gemeinsam über 60 Prozent der Schweizer Exporte aus. Seit 1995 unterstützt Coface Schweizer Unternehmen bei ihrer internationalen Entwicklung und unterhält heute Standorte in Zürich und Lausanne. ce/mm