Bilaterale nicht aufs Spiel setzen

 

Nun steht es also fest: Im Mai werden wir über die sogenannte Begrenzungsinitiative der SVP abstimmen. Ehrlicher wäre es allerdings, diese als Kündigungsinitiative zu bezeichnen. Sie gibt zwar vor, die Zuwanderung zur Schweiz wieder selber steuern zu wollen. Nichts anderes als die Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU ist aber ihr Ziel.

Wenn man denn dieser Abstimmung etwas Positives abringen kann, dann dies, dass die Schweizer Bevölkerung endlich klar Stellung dazu nehmen muss, ob sie die bilateralen Verträge mit der EU will oder nicht. Da diese Verträge ein Paket bilden, würde die Kündigung der Personenfreizügigkeit automatisch zu einer Kündigung der anderen Abkommen mit der EU führen. Entsprechend ist die Initiative brandgefährlich, und sie kann auch nicht halten, was sie verspricht.

Die Zuwanderung aus Ländern der EU wieder zu regulieren, würde bedeuten, zum System der fixen Kontingente zurückzukehren. Wo das Problem dabei liegt, zeigt sich bei der heutigen Regelung mit Drittstaaten ausserhalt der EU: Der Prozess, um Arbeitsbewilligungen für diese Arbeitskräfte zu erhalten, ist langwierig und aufwändig. Zudem würden von der Verwaltung festgelegt Grössen und Kriterien darüber entscheiden, wie gross die Kontingente sind und welche Arbeitskräfte kommen dürften und nicht die Bedürfnisse der Unternehmen. Diese sind heute aber in hohem Masse auf europäische Fachkräfte angewiesen, um ihre Topleistungen erbringen zu können. Und wie würden Branchen wie die Gastronomie, Hotellerie oder das Gesundheitswesen, die ebenfalls stark von europäischen Mitarbeitenden profitieren, mit der neuen Begrenzung umgehen? Das Ergebnis wäre wohl ein Gegeneinanderausspielen der verschiedenen Branchen und Bereiche und deren Einteilung in für den Standort «wertvolle» und weniger wichtige Zweige.

Gefährlich ist die Initiative aber vor allem deshalb, weil sie das gut funktionierende Verhältnis zu unseren europäischen Nachbarn gefährdet. Die EU ist unser wichtigster Handelspartner, 52 % der Exporte gehen in diesem Raum. Die seit Beginn der 2000er Jahre geltenden bilateralen Verträge sichern uns einen diskriminierungsfreien Zugang zum Europäischen Binnenmarkt. Die Schweiz hat enorm profitiert von diesen Abkommen. Es wurden neue Arbeitsplätze geschaffen, und unserer Wirtschaft konnte wachsen. Davon profitiert hat die ganze Gesellschaft. Es wäre mehr als fahrlässig, dies alles aufs Spiel zu setzen.  Die Kündigungsinitiative muss deshalb klar abgelehnt werden.


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