Anlass zum demografischen Wandel mit Mitgliedern des Kantonsrats

Die demografische Entwicklung lässt sich dank verlässlicher Zahlen gut vorhersagen. Die Geburtenrate sinkt laufend und erreicht einen Tiefstand. Es sterben mehr Personen, als Kinder nachkommen. Was diese Entwicklung für unsere Gesellschaft, den Arbeitsmarkt und unsere Sozialwerke bedeutet, war Gegenstand eines Anlasses der Zürcher Handelskammer (ZHK) mit Zürcher Kantonsrätinnen und Kantonsräten.

Die Aussichten sind düster – für die Industrieländer, für die Schweiz, für Zürich. Aktuellen Zahlen des Bundesamtes für Statistik zufolge liegt die Geburtenrate in der Schweiz bei 1.29 Kindern pro Frau – ein neuer Tiefststand. Unsere Gesellschaft überaltert. Unsere Gesellschaft ist gefordert. Dennoch steht dieses Thema noch nicht auf der politischen Agenda, und Lösungen sind nicht in Sicht.

Angeregte Diskussion im Kantonsrat

Auf Basis aktueller Zahlen die Folgen der demographischen Entwicklung sowie konkrete Handlungsfelder und Lösungsansätze zu diskutieren: Das war das Ziel des Parlamentarieranlasses der ZHK vom 10. November im Zürcher Kantonsrat. Im Anschluss an einen Input von Luc Zobrist, Leiter Volkswirtschaft des kantonalen Amts für Wirtschaft, diskutierten Veronica Weisser, Ökonomin und Vorsorgeexpertin von UBS, Michael Grampp, Chefökonom & Leiter Research von Deloitte, und Alain Gut, Direktor Public Affairs von IBM mit 35 Kantonsrätinnen und Kantonsräten, moderiert durch Michael Settelen, Leiter Volkswirtschaft der ZHK.

Migrationsdebatte dürfte von Demografie-Debatte überlagert werden

Die Diskussion hat gezeigt: Auch in Zürich geht die Geburtenrate zurück und liegt auf einem Tiefstand. Ohne Nettozuwanderung würde sich die Zürcher Bevölkerung innerhalb von zwei Generationen halbieren. Die Folge ist eine wachsende Arbeitsmarktschere: Seit ein paar Jahren verlassen mehr Personen altersbedingt den Arbeitsmarkt, als dass Junge nachrücken. Diese Entwicklung wird sich in den 2040er-Jahren weiter verstärken, mit Folgen für das Wirtschaftswachstum, die Innovationsfähigkeit, die Branchenstruktur und die Sozialversicherungen.

Um die Arbeitsmarktschere zu schliessen und das Verhältnis zwischen Erwerbsbevölkerung und Gesamtbevölkerung stabil zu halten, bräuchte es jährlich eine doppelt so hohe Zuwanderung wie im Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Weil das potenzielle Angebot an Arbeitskräften in den Nachbarländern noch stärker schrumpfen wird als in der Schweiz, ist ein solches Szenario unwahrscheinlich.

Angesichts dieser Tatsache bezweifeln Demographen, dass die Bevölkerung der Schweiz überhaupt je die Marke von 10-Millionen erreichen wird. Der Arbeitskräftemangel und der Kampf um Arbeitskräfte dürften sich deshalb weiter verschärfen.

Ein weiteres Problem ist, dass es aufgrund der finanziellen Belastung zunehmend unattraktiv ist, Kinder zu bekommen und grosszuziehen. Die diesbezüglichen Rahmenbedingungen müssten verbessert werden, so der Tenor. Gerade für den Mittelstand sind Kinder wirtschaftlich unattraktiv – ein Problem. Auch die Unternehmen wurden in die Pflicht genommen. Sie könnten noch mehr tun, um die inländischen Personen besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gefordert

Die Diskussion hat gezeigt: Die alternde Gesellschaft ist eine der grössten Herausforderung unserer Gesellschaft. Sie ist zugleich eine Gemeinschaftsaufgabe für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Alle stehen in der Verantwortung. Jetzt braucht es praktikable und mehrheitsfähige Lösungen, auch auf kantonaler Ebene. Die ZHK wird das Thema weiterverfolgen und sich mit konstruktiven Lösungsvorschlägen aktiv an der Diskussion beteiligen.

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