Schweiz geht luftfahrtpolitisch in den Blindflug

Zürich - In der Schweiz fehlt eine politische Vision für die Weiterentwicklung der Fluginfrastruktur, so eine neue Studie der Boston Consulting Group. Die Schweiz riskiere so, international den Anschluss zu verlieren, und auch der Hub-Status des Flughafens Zürich sei gefährdet.

Die Schweiz zählt zu den am besten erreichbaren Destinationen der Welt und die aviatische Infrastruktur ist für das Land zentral. Dies schreibt die „NZZ am Sonntag“ auf Basis einer neuen Studie, welche die Boston Consulting Group in Zusammenarbeit mit der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer erarbeitet hat. Diesen Status könne die Schweiz aber verlieren, wenn sie luftfahrtpolitisch nicht bald aktiv wird, warnen die Studienautoren.

„Obwohl die aviatische Infrastruktur für unser Land zentral ist, gibt es über die unmittelbare Planung für die nächsten zwölf Jahre keinerlei politische Vision, wie dieser Bereich sich weiterentwickeln soll”, lässt sich Daniel Kessler, Lead-Autor der Studie und Chef von Boston Consulting Group Schweiz, im Artikel der Zeitung zitieren. „Wir vermissen über den Zeitraum 2030 hinaus einen Ansatz, der sich nicht darauf beschränkt, einzelne Flughäfen zu optimieren, sondern das Gesamtsystem”, so Kessler weiter.

Wenn die Schweiz den Anschluss bei der aviatischen Infrastruktur nicht verlieren wolle, müssten sich die Verantwortlichen beim Bund, den Kantonen und der Wirtschaft jetzt engagieren, so Kessler. „Hier fehlt völlig der Mut”, sagt auch Martin Naville, CEO der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer. Politische Verantwortliche machten derzeit einen grossen Bogen um die Frage, wie man mit der steigenden Nachfrage umgehen wolle. Das Wort Kapazitätsausbau werde tunlichst vermieden.

Die Studie schätzt den direkt messbaren Nutzen, den der aviatische Sektor ermöglicht, auf rund 16,5 Milliarden Franken. „Doch der Nutzen für die Gesamtwirtschaft ist um ein Vielfaches höher. Über den damit verbundenen Wert für Gesellschaft und Wirtschaft sind sich viele nicht im Klaren”, so Kessler.

In Gefahr sei insbesondere auch der Hub-Status des Flughafens Zürich. Die für die Wirtschaft zentralen Langstreckenangebote ab Zürich seien nicht in Stein gemeisselt. In Zürich sei derzeit praktisch kein Wachstum mehr möglich, womit der Standort riskiere, an Bedeutung zu verlieren. „Findet keine Anpassung der heutigen Grundlagen statt, wird die Schweiz in Zukunft an internationaler Wettbewerbsfähigkeit verlieren”, sagt auch Stephan Widrig, CEO des Flughafens Zürich, gegenüber der Zeitung. ssp

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