Die demografische Entwicklung stellt den Arbeitsmarkt vor grosse Herausforderungen: Mit dem Renteneintritt der Babyboomer‑Generation verlassen in den kommenden Jahren zahlreiche Arbeitskräfte die Arbeitswelt. Die nachkommenden Generationen können die Babyboomer zahlenmässig nicht ersetzen, die Geburtenraten sind zu tief.
Wie können Unternehmen auf den zunehmenden Arbeitskräftemangel reagieren? Bucher Unipektin, ein international tätiges Maschinenbauunternehmen, das Anlagen für die Fest‑Flüssig‑Trennung, Filtration, Saftbehandlung und Konzentratherstellung produziert und unterhält, setzt auf ein innovatives Modell: Mitarbeitende sollen auch über das Pensionsalter hinaus im Unternehmen tätig bleiben. Dies, nicht nur weil der Bedarf da ist, aber auch aus der Überzeugung, dass das ganze Unternehmen vom Fachwissen, der Gelassenheit und der hohen Motivation der pensionierten Mitarbeiter profitiert, wie Managing Director Daniel Schneider im Interview erläutert.
Herr Schneider, Sie beschäftigen Mitarbeitende auch nach dem Pensionsalter. Wie gestalten Sie diese Weiterarbeit?
Bei Bucher Unipektin sehen wir die Weiterbeschäftigung nach dem ordentlichen Pensionsalter als wertvolle Chance. Wichtig ist dabei, dass die Einsätze stets freiwillig und auf die individuellen Wünsche und Möglichkeiten der Mitarbeitenden abgestimmt sind. Dafür führen wir rund ein halbes Jahr vor dem offiziellen Austrittstermin Gespräche, um gemeinsam zu klären, ob und in welcher Form eine Weiterarbeit gewünscht ist. Die Einsätze gestalten wir flexibel: auf Stundenlohnbasis, in Teilzeit oder mit einer bewussten Aufschiebung der Pensionierung.
Wir schätzen nicht nur das Engagement dieser Kolleginnen und Kollegen, sondern vor allem ihr Wissen. Deshalb setzen wir bewusst auf Modelle, bei denen erfahrene Mitarbeitende jüngere als Coach oder Mentor begleiten. Der Austausch über Generationen hinweg bringt beiden Seiten viel – und stärkt am Ende auch die Zufriedenheit unserer Kunden.
Was ist Ihre Motivation, pensionierte Mitarbeitende weiter zu beschäftigen
Erfahrung nutzen, Kundenwünsche erfüllen und Wissen weitergeben. Gerade im technischen Service und Supportbereich gibt es viele Maschinen, die seit Jahrzehnten im Einsatz sind. Langjährige Techniker kennen diese Anlagen bis ins kleinste Detail. Dieses Know‑how ermöglicht schnelle, zielgerichtete Lösungen.
Gleichzeitig wollen wir Mitarbeitenden den Übergang ins Rentenalter erleichtern. Nicht alle wollen oder können von heute auf morgen aufhören. Wer noch etwas bewegen möchte, bekommt bei uns die Gelegenheit dazu.
Gibt es konkrete Beispiele, wie jüngere Mitarbeitende von pensionierten Kollegen profitieren?
Ja, viele. Besonders hervorheben möchte ich einen Servicetechniker, der vor drei Jahren sein 50‑jähriges Firmenjubiläum gefeiert hat und heute noch tage‑ oder wochenweise im Einsatz steht. Sein tiefes Verständnis für unsere Anlagen ist Gold wert – nicht nur für unsere Kunden, sondern auch für die jüngeren Kolleginnen und Kollegen, die viel von ihm lernen.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischenden Generationen?
Grundsätzlich funktioniert die Zusammenarbeit zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitenden sehr gut. Natürlich braucht es manchmal etwas Einfühlungsvermögen auf beiden Seiten. Jüngere Mitarbeitende müssen manchmal erst verstehen, was es bedeutet, unter Zeitdruck beim Kunden zu arbeiten. Da kann es zu Reibungen kommen, wenn es heisst: «Heute machen wir den Auftrag noch fertig, auch wenn es etwas später wird.» Doch gerade in solchen Situationen zeigt sich, wie wertvoll Erfahrung ist. Viele Jüngere staunen über die Leistungsfähigkeit der pensionierten Kollegen und lernen schnell dazu.
Wie wird das Angebot zur Weiterarbeit von den Mitarbeitenden aufgenommen?
Sehr positiv. Natürlich freuen sich einige auf den neuen Lebensabschnitt und möchten sich bewusst verabschieden – das respektieren wir voll und ganz. Andere hingegen merken, dass es noch zu früh ist, ganz aufzuhören. Sie wollen sich weiter einbringen, und genau diesen Mitarbeitenden geben wir Raum dafür. Es geht um individuelle Wege, nicht um Standards.
Wie beurteilen Sie das Kosten-Nutzen-Verhältnis?
Die Weiterbeschäftigung älterer Mitarbeitender ist eine Investition. Ihr Wissen und ihre Fähigkeit, Probleme schnell und nachhaltig zu lösen, rechtfertigen diese Investition. Hierbei ist der Wissenstransfer für uns zentral. Dieser funktioniert nur, wenn wir ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem sich die Menschen wohlfühlen. Dazu gehört auch, immer wieder persönlich nachzufragen, ob die Arbeit noch Freude macht und ob es passt.
Was tun Sie, wenn Wissen nicht mehr ganz auf dem neuesten Stand ist?
Das ist eine reale Herausforderung, der wir proaktiv begegnen – in allen Altersgruppen. Wir setzen konzernweit auf eine durchschnittliche Weiterbildungszeit von drei Tagen pro Jahr und Mitarbeitenden. So halten wir das Know‑how aktuell und schaffen Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln. Unsere Nachfolgeplanung sorgt dafür, dass wir frühzeitig Kompetenz aufbauen, wo es gebraucht wird.
Welche Empfehlungen geben Sie anderen Unternehmen mit auf den Weg?
Schaffen Sie klare Strukturen und echte Wertschätzung. Pensionierte Mitarbeitende sind oft nur noch punktuell im Betrieb und ihre Integration ist umso wichtiger. Das beginnt bei einfachen Dingen wie der Einladung zu Teamsitzungen oder Firmenevents und reicht bis hin zur aktiven Einbindung durch die Teamleiter. Diese sollten ihre Teams regelmässig informieren, welche Einsätze anstehen und, wann wer verfügbar ist.
Die Pensionierten bringen sich mit viel Erfahrung und Engagement ein, im Gegenzug sollten wir ihnen Flexibilität und Freude an der Arbeit ermöglichen. Viele von ihnen schätzen den Austausch im Kollegenkreis sehr und spüren die Wertschätzung, die man ihnen entgegenbringt. Aus unternehmerischer Sicht empfehle ich zudem, je nach Tätigkeit, eine klare Altersgrenze zu definieren. Das schafft Klarheit und Orientierung für beide Seiten.