Bitterer Abstimmungssonntag für die Zürcher Wirtschaft

Für alle, die sich für einen attraktiven Wirtschaftsstandort einsetzen, waren die kantonalen Abstimmungen vom 9. Februar 2020 eine Enttäuschung. Der Abstimmungssonntag zeigte eindrücklich, dass das Engagement der ZHK weiterhin notwendig bleiben wird.

Bei ihrer Parolenfassung zu Abstimmungsvorlagen orientiert sich die Zürcher Handelskammer (ZHK) an den Antworten auf wenige einfache Fragen: Wird die Standortattraktivität gestärkt oder geschwächt? Verbessert sich die Wettbewerbsfähigkeit der Zürcher Unternehmen oder erleiden sie gegenüber Konkurrenten Nachteile? Wird der Wettbewerb intensiver oder eingeschränkt? Im Zweifel entscheidet sich die ZHK für Massnahmen, die die Standortattraktivität befördern, die Wettbewerbsfähigkeit der Zürcher Unternehmen stärken und den Wettbewerb nicht einschränken. Eine solche Wirtschaftspolitik ist ein verlässlicher Garant für unseren Wohlstand.

Aus diesem Blickwinkel kann die ZHK lediglich mit dem deutlichen Nein der Zürcherinnen und Zürcher zur Steuerinitiative der Jungsozialisten zufrieden sein. Doch ist damit bezüglich Standortattraktivität nichts gewonnen, blieb doch auch die Mittelstandsinitiative der Jungfreisinnigen, die den Zürcher Steuertarif an entscheidender Stelle verbessert hätte, noch deutlicher unter der notwendigen Mehrheit. Damit bleibt die Tatsache bestehen, dass der Kanton Zürich für Gutverdienende unattraktiv ist. Das bleibt nicht ohne Folgen: Während die Bevölkerung in den vergangenen Jahren im zweistelligen Prozentbereich wuchs, blieb die Anzahl Steuerpflichtiger mit Einkommen über Fr. 500 000 unverändert. In den umliegenden Kantonen stieg sie hingegen rasant an. Besonders nachdenklich macht die Tatsache, dass eine satte Mehrheit von 54.95% der Juso-Initiative gegenüber der jungfreisinnigen Mittelstandsinitiative den Vorzug gab. Konkret bedeutet dies, dass eine Mehrheit lieber Personen mit einem steuerbaren Einkommen von mehr als Fr. 127 000 mit bis zu 30% höheren Steuern belastet als eine Steuersenkung für alle Einkommensschichten in Erwägung zu ziehen.

Auch über die Annahme des Taxi- und Limousinengesetzes kann sich die Wirtschaft nicht freuen. Ohne Not wird nun das Limousinengewerbe mit bürokratischen Vorschriften belastet. Vorschriften, die nur für Zürcher Anbieter gelten, nicht aber für solche von ausserhalb, die weiterhin ihre Dienste in Zürich anbieten dürfen. Der Kanton Zürich, der sich ansonsten für seine Zukunfts- und Innovationsfähigkeit rühmt, sendet – überspitzt gesagt – das zweifelhafte Signal aus, dass Forschung und Innovation nur dann in Ordnung ist, wenn sich nichts verändert.

Für das Gesamtprojekt Rosengarten-Tram und -Tunnel hat sich die ZHK eingesetzt, weil sie davon überzeugt ist, dass ein erfolgreicher Standort ausreichende Infrastrukturen benötigt. Dazu gehört eine leistungsfähige Strassenverbindung zwischen Zürich Nord und Zürich West sowie eine Tram-Tangentiallinie, die den Knoten Hauptbahnhof entlastet. Das öV-Projekt lässt sich nun auf absehbare Zeit nicht realisieren und es bleibt infrastrukturmässig beim Status quo – bei einem erwarteten Bevölkerungs-wachstum für den Kanton Zürich von über 300 000 Personen in den nächsten 20 Jahren eine riskante Wette.

Für die ZHK ist klar, dass auch nach dem Abstimmungssonntag vom 9. Februar 2020 Handlungsbedarf besteht. Im Kanton Zürich muss es weiterhin möglich sein, Infrastrukturen zu entwickeln, neue Geschäftsmodelle einzuführen, ohne dass gleich reguliert wird, und die Steuerbelastung ist dort zu verbessern, wo Zürich im Vergleich zu umliegenden Kantonen an Boden eingebüsst hat.

Die ZHK wird sich auch 2020 für attraktive und marktwirtschaftlich geprägte Rahmenbedingungen einsetzen.

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