Lunch Talk „Milizprinzip: gefährdetes Schweizer Erfolgsmodell?“

Willensbekundung für das Milizprinzip

 

Weshalb ist die Schweiz mit dem Milizsystem erfolgreich? Wie steht es um das Milizprinzip in der Schweizer Politik und Gesellschaft? Welchen persönlichen Nutzen stiftet ein ehrenamtliches Engagement und was bringt ein Unternehmen dazu, seine Mitarbeitenden bei der Ausübung einer ausserberuflichen Tätigkeit zu fördern? Diesen Fragen ging der aktuelle ZHK Lunch Talk auf den Grund.

Der wirtschaftliche Erfolg der Schweiz ist mitunter dem Milizprinzip und den damit verbundenen liberalen Werten wie Selbstverantwortung und Subsidiarität zu verdanken. Mit dieser Feststellung eröffnete ZHK-Direktorin Regine Sauter den Lunch Talk. Das Milizsystem sei eine effiziente Art der Staatsorganisation und biete den Schlüssel zu besseren politischen Entscheiden. Dass es zudem das gegenseitige Verständnis zwischen Wirtschaft und Politik fördert, haben auch die geladenen Referenten mehrfach betont. Anlass zur Sorge gibt einzig die Tatsache, dass es gemeinhin schwieriger geworden ist, genügend geeignete Personen für ein öffentliches Mandat zu gewinnen.

Bei der Besetzung von Exekutivämtern in Gemeinden zeigt sich diese Problematik offensichtlich, wie Reto Lindegger, Direktor des Schweizerischen Gemeindeverbands, in Erinnerung rief. Bei der Diagnose der Ursachen sieht der Gemeindeverband unter anderem die fortschreitende Individualisierung, den hohen Zeitbedarf und steigende qualitative Anforderungen an ein Amt.

Dies konnte Jürg Niederbacher aus eigener Erfahrung bestätigen. Er ist Partner bei PwC und bereits viele Jahre in der Primarschulpflege tätig. Wichtig sei deshalb, dass die ehrenamtlich besetzten Gremien für ihre inhaltliche Tätigkeit Unterstützung von professioneller Seite erhalten. Auch wenn die entgegengebrachte Anerkennung nicht immer gleich hoch ausfällt, sei ein solches Amt lehrreich und erfüllend. Reto Lindegger ist überzeugt, dass diese Vorteile besser aufgezeigt werden müssen, denn bei der Ausschöpfung der Rekrutierungsbasis bestehe durchaus Potential. Vor allem aber müsse die Politik den Gestaltungsspielraum der Gemeinden wahren und verhindern, dass viele kommunale Ämter zu reinen Vollzugsstellen kantonaler und eidgenössischer Politik werden. Schliesslich sei das Commitment der Privatwirtschaft zum Milizprinzip entscheidend.

Bei der Swiss Life AG ist diese Botschaft definitiv angekommen. Wie die Public Affairs Verantwortliche Lucia Döbeli ausführte, ist der Lebensversicherer vom Mehrwert des gesellschaftlichen Engagements seiner Mitarbeitenden überzeugt. Jenen Angestellten, die bereits ein öffentliches Amt innehaben, wird explizit Anerkennung entgegengebracht und potentiell Interessierte sollen ermutigt werden, sich ausserberuflich zu engagieren. Swiss Life setzt dabei auf Empowerment und Wissensvermittlung. Nicht zuletzt darf ein begrenzter Teil der entschädigten Arbeitszeit für die Ausübung eines öffentlichen Amts aufgewendet werden.

Dass neben solcher mustergültiger Initiativen weiterer Handlungsbedarf zur Stärkung des Milizprinzips besteht – darüber waren sich die Teilnehmenden des Lunch Talks einig. Das immer wieder genannte Rezept dazu lässt sich kurz zusammenfassen: Es braucht Willen! Willen des Einzelnen, sich zu engagieren und für eine öffentliche Sache einzusetzen, aber auch den Willen der Arbeitgeber, ihre Mitarbeiter in der Ausübung ihres Engagements zu unterstützen oder bestenfalls zu fördern.

Die Referate der drei Referenten können hier abgerufen werden.

Jürg Niederbacher

Reto Lindegger

Lucia Döbeli

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