Schweiz steht im Visier der Internetkriminellen

Internetkriminalität wird immer mehr zu einer Gefahr für den Standort Schweiz. Das zeigt der Neujahrsapéro der Zürcher Handelskammer. Standen lange Banken im Visier der Cyberkriminellen, so sind es nun Onlinehändler. Auch Spitäler und die Infrastruktur könnten folgen.

Die Schweiz ist klein, sie ist neutral – und doch ist sie ein beliebtes Ziel für Cyberkriminelle. „Internetkriminalität wird zu einer echten Gefahr für die Schweizer Wirtschaft, weil sie sich immer stärker vernetzt“, sagte Shira Kaplan, Gründerin und Chefin der Cyverse AG in Küsnacht ZH, am gestrigen Neujahrsapéro der ZHK. Die Spezialistin für Internetsicherheit macht drei potentielle Hauptziele aus. So setze der Finanzplatz immer mehr auf IT statt auf Menschen – Stichwort Fintech. „Die nächste Finanzkrise wird von der IT ausgehen“, ist sich Kaplan sicher. Nicht Handlungen wie noch vor der Finanzkrise von 2008, sondern das Versagen von Software dürfte die nächste Krise auslösen. Die Industrie 4.0, die Vernetzung der Produktionsabläufe, schaffe ein weiteres Operationsfeld für Kriminelle. Wie weit dies gehe, habe bereits der Stuxnet-Angriff auf iranische Atomanlagen 2010 gezeigt, welche die Aufbereitung von Nuklearbrennstoffen zerstörte. Ähnliches sei auch in der Nahrungsmittel- und der Pharmaindustrie möglich. Schliesslich schüfen vernetzte Fahrzeuge ein ganz neues Einfallstor für Kriminelle.

Laut Stephan Walder, dem staatsanwaltschaftliche Leiter des Kompetenzzentrums Cybercrime des Kantons Zürich, sei es schwer zu sagen, wie viele digitale Angriffe auf den Standort Schweiz ausgeübt würden. Aber klar sei: „In der Schweiz haben wir eine Vermögenslage, die uns angreifbar macht“, so der Staatsanwalt. Lange hätte tatsächlich vor allem der Finanzplatz im Visier gestanden. Doch dieser habe die Sicherheit verstärkt. Im vergangenen Jahr habe es vermehrt Anzeigen von Onlinehändlern gegeben. Derzeit bearbeite das Kompetenzzentrum – das einzige in der Schweiz – 64 Fälle.

Martin Darms hat die Internetsicherheit von Spitälern untersucht. Sein Befund: Von sieben untersuchten Einrichtungen sei nur eine schlecht geschützt, so der Gründer und Inhaber der Darms Engineering. Bisher habe es in der Schweiz noch keine Angriffe auf Spitäler gegeben. Das Spital im deutschen Neuss dagegen habe wegen eines Cyberangriffs drei Wochen lang keine Patienten aufnehmen können.

Shira Kaplan forderte die Unternehmen auf, sich zu schützen. Denn Kriminelle suchen sich immer die am niedrigsten hängenden Früchte aus, also diejenigen, die am wenigsten für ihre Sicherheit tun.

Um das Thema Digitalisierung kommt heute kein Unternehmen mehr herum, wie ZHK-Präsidentin Karin Lenzlinger zum Auftakt sagte. Zu diesem Thema gehöre eben auch, ohne Schwarzmalerei betreiben zu wollen, die Cybersicherheit.

Zurück zur Übersicht