Fünf Fragen an Dr. Sabine Keller-Busse, President UBS Switzerland

Zürich gilt als einer der attraktivsten Wirtschaftsstandorte Europas – hohe Lebensqualität, starke Forschung, gute internationale Anbindung. Wo sehen Sie die grössten Stärken und wo den grössten Handlungsbedarf?

Abgesehen davon, dass Zürich tatsächlich einfach eine großartige Stadt ist, ist die Innovations- und Wirtschaftskraft beeindruckend. Zürich gelingt es, hochqualifizierte Arbeitskräfte anzuziehen, was wiederum ein Treiber der hohen Wertschöpfung ist. Um zwei Beispiele zu nennen: Rund 20 % der Wirtschaftsleistung der Schweiz wird im Raum Zürich erbracht, und die ETH Zürich belegt jedes Jahr Spitzenplätze in den internationalen Rankings. Zu den Stärken gehört auch das sehr gute Zusammenspiel von Grossunternehmen und KMU. Das Zusammenspiel funktioniert. Es ist wichtig, dass wir dem Sorge tragen.

Der Finanzplatz Zürich trägt maßgeblich zur Wertschöpfung und Beschäftigung im Kanton bei. Welche Faktoren sind entscheidend, damit er auch in Zukunft international konkurrenzfähig bleibt?

Die Erfolgsfaktoren der Vergangenheit gelten heute noch: ein stabiles, liberales regulatorisches Umfeld, das unternehmerische Freiräume nicht unnötig einschränkt. Es ermöglicht einen gesunden, funktionierenden Wettbewerb. Beim Finanzplatz sehen wir in der Schweiz jedoch eine Tendenz zur Überregulierung – im Gegensatz zu anderen Finanzzentren, wo Deregulierung im Fokus steht, um die Wirtschaft zu stärken.

Digitalisierung und Fachkräftemangel sind zentrale Herausforderungen. Welche Rolle spielen diese Themen speziell für den Finanzsektor?

Die Pensionierung der Babyboomer akzentuiert den Fachkräftemangel, und dies kann nur zum Teil durch die Digitalisierung aufgewogen werden. Investitionen sind deshalb enorm wichtig, insbesondere in die Ausbildung wie zum Beispiel die Berufslehre – das hat bei UBS einen sehr hohen Stellenwert. Im Finanzsektor sind zudem Investitionen in die Digitalisierung ein strategisches «Must». Dazu gehören auch Partnerschaften mit Universitäten, BigTech und Fintech. Was noch dazu kommt: Die Entwicklung findet immer schneller statt. Dies sehen wir auch im Verhalten unserer Kundinnen und Kunden.

Das Verhältnis Schweiz–EU bleibt von Unsicherheiten geprägt. Wie wichtig ist für die Banken und Finanzdienstleister in Zürich ein stabiler Zugang zum europäischen Markt?

Sehr wichtig. Die Schweiz mit ihrer starken Exportwirtschaft profitiert von geregelten Beziehungen mit der EU, dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz. Auch die aktuelle Handelspolitik der USA verdeutlicht, wie bedeutend geregelte Beziehungen zur EU für die Schweizer Wirtschaft als Ganzes sind.

In der Steuerpolitik hat sich zuletzt gezeigt, dass die Bevölkerung Grossunternehmen kritisch gegenübersteht. Wie kann der Finanzplatz Zürich Vertrauen schaffen und seine Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft besser vermitteln?

Der Finanzplatz Zürich macht rund 16% der Bruttowertschöpfung der Region, und 26% der Stadt Zürich, aus. Wie schon gesagt: Wirtschaftsfreundlichkeit und das gute Zusammenspiel von Gross und Klein waren immer Erfolgsfaktoren der Schweiz. Der Finanzplatz nimmt zudem zahlreiche Rollen ein: Ausbildner, Steuerzahler, Partner von grossen und kleinen Firmen, Arbeitgeber, Förderer von Kultur und vieles mehr. Die Rolle von Banken sowie die Wechselwirkungen mit Gewerbe und Gesellschaft müssen verdeutlicht werden.

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