Wo sehen Sie die grössten Stärken Zürichs im internationalen Vergleich?
Zürich ist ein exzellenter Bildungsstandort. Die Stadt bietet eine hohe Zahl gut ausgebildeter Fachkräfte – von Hochschulen und Fachhochschulen bis hin zu Berufsschulen. Diese breite Bildungslandschaft fördert Innovationen, was sich in erfolgreichen ETH-Spin-offs und Unternehmensgründungen zeigt. Ein weiterer Vorteil ist die Internationalität: Viele Zürcherinnen und Zürcher sprechen neben Deutsch auch Englisch, Italienisch oder weitere Sprachen. Das macht den Standort attraktiv für internationale Unternehmen. Zudem ist Zürich hervorragend angebunden – sei es durch den Flughafen oder das Bahnnetz in Richtung Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich. Zürich ist nicht nur ein Wirtschaftsstandort, sondern auch ein Ort mit hoher Lebensqualität. Die Stadt bietet eine malerische Altstadt, Naherholungsgebiete an See und Fluss sowie eine ausgezeichnete Kultur- und Freizeitlandschaft. Auch das Gesundheitswesen ist mit seinen erstklassigen öffentlichen und privaten Spitälern hervorragend aufgestellt.
Und wo sehen Sie Handlungsbedarf?
Am 18. Mai braucht es ohne Wenn und Aber ein klares JA zur Steuervorlage 17! Aus Steuersicht ist Zürich der zweitschlechteste Kanton der Schweiz. Nur das strukturell schwache Bern steht noch schlechter da. Damit Zürich seine Rolle als Wirtschaftsmotor der Schweiz auch in Zukunft wahrnehmen kann, müssen wir jetzt nachziehen. Unsere Nachbarkantone haben es vorgemacht – mit bestem Erfolg. Zudem müssen wir verhindern, dass gut qualifizierte Personen und Unternehmen Zürich verlassen. Dazu braucht es niedrigere Steuern für natürliche Personen und weniger Einschränkungen im Verkehr. Das flächendeckende Tempo 30 verlangsamt den motorisierten Individualverkehr und den ÖV unnötig. Auch finanzstarke Unternehmen ziehen weg – unter anderem wegen fehlendem Gewerberaum, zu hohen Unternehmenssteuern und mangelnden Parkplätzen für Mitarbeitende und Güterumschlag. Zudem erschweren zu strenge Bauvorschriften und weitreichende Einsprachemöglichkeiten dringend benötigte Ersatzbauten. Beispiele wie das Hardturm-Stadion zeigen, wie politisierte Prozesse Innovation und Entwicklung blockieren.
Ein wichtiger Faktor für einen attraktiven Standort ist auch der Wohnraum. Was braucht es, damit genügend bezahlbare Wohnungen entstehen?
Das Problem ist nicht der fehlende Wohnraum per se, sondern die strikten Vorgaben. Verdichtung wird durch zu hohe bürokratische Hürden erschwert. Die Bewilligungsverfahren sind langwierig, Einsprachemöglichkeiten zu weit gefasst und übergeordnete Vorschriften wie ISOS (Inventar der schützenswerten Ortsbilder) verkomplizieren die Planung. Hinzu kommen hohe Baukosten durch umfangreiche Auflagen wie Schallschutz, Brandschutz, Barrierefreiheit, kontrollierte Wohnraumlüftung und automatische Fensterschliesssysteme in Flughafenregionen. Natürlich wollen wir qualitativ hochwertige Häuser bauen, aber die Regulierungsflut treibt die Kosten in die Höhe. Eine Lösung wäre, das Wachstum nicht nur auf die Stadt Zürich zu fokussieren, sondern verstärkt in Regionalzentren mit guter Infrastruktur und ÖV-Anbindung zu investieren – etwa in Bülach, Uster, Wetzikon oder Wädenswil
Wie wichtig sind stabile Beziehungen zur EU für Ihre Geschäftstätigkeit sowie für den Standort Zürich?
Die EU ist unser wichtigster Handelspartner, daher sind stabile Beziehungen essenziell. Als lokaler Dienstleister im Baunebengewerbe profitieren wir direkt und indirekt von den grossen Unternehmen, die hier tätig sind. Eine Insellösung wäre für die gesamte Schweizer Wirtschaft gefährlich.
Was muss geschehen, damit Zürich auch in 20 Jahren noch ein führender Wirtschaftsstandort ist?
Es braucht mehr Visionen und Mut. Mehr Mut zu Innovation und Offenheit – auch gegenüber neuen Technologien. Wir brauchen ein gutes Angebot an Arbeits- und Wohnräumen, Investitionen in die Infrastruktur und den öffentlichen Verkehr. Gleichzeitig müssen wir der Abwanderung von Unternehmen und Steuerzahlern entgegenwirken. Und vor allem braucht es konstruktive Lösungen, die den Standort langfristig stärken – statt parteipolitischer Grabenkämpfe.