Stefan Aerni, Quality and Sustainability Manager im Hotel «The Dolder Grand» in Zürich.

Nachhaltigkeitsreporting für KMU leicht gemacht

Transparenz wird im Zusammenhang mit nachhaltigen Geschäftspraktiken immer wichtiger. Grosse Unternehmen verlangen von ihren Lieferanten zunehmend Informationen, die über die Finanzberichterstattung hinausgehen. Ein Nachweis für Nachhaltigkeit kann dabei entscheidend sein, wenn es darum geht, ob ein KMU als Lieferant infrage kommt. Für KMU rücken deshalb Tools in den Fokus, mit denen sich die eigene Nachhaltigkeit einfach und verlässlich messen lässt.

Eines dieser Tools ist esg2go, eine Bewertungsplattform, die speziell für KMU entwickelt wurde. Mitglieder der Zürcher Handelskammer können dank einer Partnerschaft mit swisscleantech esg2go vergünstigt nutzen. Eines dieser Mitglieder ist das Hotel «The Dolder Grand» in Zürich. Stefan Aerni, Quality and Sustainability Manager erzählt. 

Herr Aerni, ganz allgemein, was macht das «Dolder» für die Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit ist bei uns nicht einfach ein Thema für die Kommunikation, sondern ein echter Managementansatz. Die Dolder Hotel AG ist seit mittlerweile fünf Jahren nach dem EarthCheck- Unternehmensstandard zertifiziert, einem globalen Benchmark- und Zertifizierungsprogramm für nachhaltigen Tourismus, das auf den Prinzipien der Agenda 21 für nachhaltige Entwicklung basiert. Der Standard hilft uns, anhand eines international anerkannten Rahmenwerkes ökologische und soziale Themen anzugehen. Wir verstehen Nachhaltigkeit als Querschnittsaufgabe, die alle Abteilungen betrifft – vom Einkauf über die Haustechnik bis zur Entwicklung der Mitarbeitenden. Wir setzen zum Beispiel auf 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen, betreiben ein umfassendes Energiemonitoring, haben unsere Lieferketten im Blick und fördern soziale Nachhaltigkeit im Umgang mit unseren Mitarbeitenden und in Zusammenarbeit mit lokalen gemeinnützigen Organisationen. Wichtig ist für uns dabei, dass wir konkrete, nachvollziehbare Schritte gehen – lieber pragmatisch und wirksam als theoretisch perfekt.

Wo haben Sie im Hotelbetrieb die grössten Herausforderungen resp. wo ist der ökologische Fussabdruck besonders gross?

Wie bei vielen Betrieben in unserer Branche liegt ein grosser Hebel beim Energieverbrauch, vor allem bei Heizung, Kühlung und Warmwasseraufbereitung. Auch das Thema Verpflegung und Food Waste ist relevant – nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ethischer Perspektive. Bei unserer Klimabilanzierung machen zum Beispiel Verpflegung und Getränke mehr als die Hälfte des Fussabdruckes aus. Und dann sind da noch die Erwartungen unserer Gäste: Bei einem Luxushotel wie dem Dolder Grand mit hohem Anspruch an Qualität und Verfügbarkeit ist es anspruchsvoll, nachhaltige Kriterien systematisch zu integrieren.

Warum hat sich das Dolder entschieden, ein Nachhaltigkeitsreporting aufzubauen?

Weil wir überzeugt sind, dass man nur steuern kann, was man auch misst. Wir nutzen hier mehrere Tools: neben dem esg2go Reporting auch die EcoCloud von myclimate für eine umfassende Treibhausgasbilanzierung über alle relevanten Emissionen in allen drei Scopes sowie die Benchmarking Software von unserer Zertifiziererin EarthCheck. Ein strukturiertes Reporting hilft uns, unsere Fortschritte sichtbar zu machen – sowohl intern wie auch gegenüber den externen Stakeholdern – und Entwicklungspotenzial aufzuzeigen. Und es schafft Verbindlichkeit.

Heute verwenden Sie esg2go für das Reporting. Wie verlief die Einführung des Tools und wie verläuft der Reporting-Prozess?

Die Einführung verlief gut. Zum einen hatten wir einen grossen Teil der benötigten Zahlen schon vorliegen aufgrund der für die EarthCheck Zertifizierung erforderlichen Kennzahlen und zum anderen war die Begleitung durch HotellerieSuisse im Rahmen eines Pilotprojekts sehr hilfreich. Der Vorteil von esg2go liegt für uns in der klaren Struktur und dem KMU-Fokus. Es ist weder überladen noch zu simpel. Der Zielkonflikt, ein Reporting KMU-tauglich und «einfach» zu machen und gleichzeitig aussagekräftig, ist mit dem Tool gelungen.

«Ein strukturiertes Reporting hilft uns, unsere Fortschritte sichtbar zu machen – sowohl intern wie auch gegenüber den externen Stakeholdern – und Entwicklungspotenzial aufzuzeigen. Und es schafft Verbindlichkeit.»

Inwiefern unterstützt Sie esg2go dabei, Ihr Reporting effizient zu gestalten?

esg2go nimmt uns Arbeit ab, weil es die wichtigsten Kriterien aus Normen wie GRI oder CSRD kompakt zusammenführt und dabei in einer Sprache bleibt, die auch für Nicht-Spezialisten verständlich ist. Es ist übersichtlich, pragmatisch und trotzdem aussagekräftig. Der Vergleich mit Benchmarks ist ein zusätzlicher Mehrwert.

Wo und wie können Sie die mit esg2go erstellten Berichte einsetzen – und welches Feedback erhalten Sie dafür?

Wir publizieren den Bericht auf unserer Nachhaltigkeitsseite www.dolderhotelag.com/nachhaltigkeit sowie im Geschäftsbericht. Die Berichte helfen uns zusätzlich bei Ausschreibungen für Corporate Verträge oder Meeting & Events Proposals. Aber auch intern nutzen wir sie, etwa als Grundlage für konkrete Massnahmen. Das Feedback ist durchwegs positiv – vor allem, weil wir damit zeigen können, dass wir nicht nur über Nachhaltigkeit reden, sondern diese auch messbar und transparent machen.

Haben Sie Tipps für andere KMU, die ein Nachhaltigkeitsreporting aufbauen?

Hinter jedem Reporting sollte ein fundiertes Managementsystem stehen. Dieses sollte idealerweise auf die für ein Reporting erforderlichen Kennzahlen abgestimmt sein. Ich würde jedoch davon abraten, das Pferd von hinten aufzuzäumen und mit Reportings zu starten, bevor man sich überhaupt mit dem Thema Nachhaltigkeit systematisch befasst hat. Denn am Ende lebt Nachhaltigkeit nicht vom Reporting, sondern von den Prozessen und Menschen dahinter. 
Denn «Continuous improvement is better than delayed perfection», wie es Mark Twain so schön sagte. Lieber anfangen, auch wenn noch nicht alle Daten lückenlos vorliegen und dann über die Zeit die Datenqualität (Validität, Akkuratesse, Konsistenz etc.) verbessern.

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