Ständeratswahlen 2023: Was braucht es, damit Zürich langfristig attraktiv bleibt?

Am 22. Oktober 2023 wählt das Stimmvolk das Schweizer Parlament. Für den Wirtschaftsstandort Zürich von besonderer Bedeutung sind die Ständeratswahlen. Am Anlass "Wirtschaft@Wirtschaft" der Zürcher Handelskammer kreuzten Regine Sauter (FDP), Daniel Jositsch (SP), Daniel Leupi (Grüne) und Gregor Rutz (SVP) die Klinge. Die Kernfrage lautete: "Was braucht es, damit Zürich langfristig attraktiv bleibt?".

Der frühe Morgenkaffee scheint beim Moderator und den Podiumsteilnehmenden gewirkt zu haben. Wortgewannt zum Thema Arbeitskräftemangel leitete Daniel Fritzsche, Ressortleiter Zürich der NZZ, in die Podiumsdiskussion ein. "Die Rekrutierung von geeigneten Arbeitskräften ist aktuell sehr schwierig. Das inländische Potenzial muss besser genutzt werden", hält Nationalrätin Regine Sauter, Direktorin der Zürcher Handelskammer (ZHK), fest. In dieser Aussage bestand ein breiter Konsens unter den Kandidierenden. Über die konkreten Massnahmen wurden sie sich allerdings nicht einig.

Sanierung Altersvorsorge ist ein gesamtgesellschaftliches Projekt

Eine Lösung lautet, mehr und länger zu arbeiten. Damit wäre sogleich die Altersvorsorge saniert. Doch der Vertreter der SP winkte ab. "Es braucht einen Kompromiss", eröffnete Ständerat Daniel Jositsch. Ein guter Kompromiss sei es immer dann, wenn ihn alle schlecht finden. Regine Sauter entgegnete, dass die Altersvorsorge ein gesamtgesellschaftliches Projekt sei, welches nur über einen funktionierenden Gemeinsinn weiter bestehen kann. Es sei deshalb nicht im Sinne der Generationengerechtigkeit, dass sich einzelne das Recht herausnehmen, auf Kosten der anderen zu leben.

Arbeitskräftemigration funktioniert

"Damit eine Person über die Personenfreizügigkeit einwandern kann, braucht sie eine Arbeitsstelle", hielt Nationalrätin Regine Sauter einleitend zum Thema Europapolitik und Zuwanderung fest. Die Schweiz profitiere von der Zuwanderung. Gerade Zürich kann sich über einen funktionierenden Forschungsplatz freuen, wodurch ein hochinnovatives Ökosystem für Start-ups und weitere Unternehmen entsteht, die dringend auf Fachkräfte angewiesen sind. Nationalrat Gregor Rutz hielt dagegen: "Durch die Zuwanderung haben wir einen zusätzlichen Bedarf an Infrastruktur. Das macht ökologisch überhaupt keinen Sinn!" Die Antwort von Daniel Leupi, Stadtrat Zürich, liess nicht lange auf sich warten: "Klar, kein System kann ewig wachsen. Seit der Einführung der bilateralen Verträge haben wir allerdings Hochkonjunktur." Leupi stört sich viel eher an den grossen Firmen, die sich in der Stadt Zürich ansiedeln und wenig bis keine Steuern bezahlen. Einigkeit unter den Teilnehmenden bestand immerhin, dass die bilateralen Verträge weiterentwickelt werden müssen - mit einer Ausnahme. "Die bestehenden Abkommen funktionieren. Wir befinden uns nicht in einer Sackgasse, sondern verhandeln ins Blaue hinaus. Gleichzeitig verpassen wir den Anschluss mit anderen Kontinenten", merkte Nationalrat Gregor Rutz an.

Strommarktabkommen ist zentral für Energieversorgungssicherheit

Die Debatte verlor keineswegs an Spannung als der Moderator zum Thema Teuerung überleitete. Die Schweizerische Nationalbank habe es zwar geschafft, dass die Teuerung sich auf einem vernünftigen Niveau bewegt, aber insbesondere für tiefe Einkommen sind diese Steigerungen sehr hoch. "Eine flächendeckende Erhöhung der Löhne über 5%, wie es die Gewerkschaften aktuell fordern, ist natürlich unrealistisch.", hielt Grünen-Stadtrat Daniel Leupi erstaunlicherweise fest. Gemäss Rutz steigen die Kosten wegen der politischen Fehlentscheide der Linken. Insbesondere die Energieversorgung muss gesichert und die Blackoutgefahr gebannt werden. "Wir müssen die Energieversorgungssicherheit langfristig erhöhen. Dafür benötigt es mehr Investitionen in moderne Energieformen", sagte SP-Ständerat Daniel Jositsch. Ein Strommarktabkommen mit der EU ist aus seiner Sicht von elementarer Bedeutung. Ausserdem müsse eine europaweite Energieplanung stattfinden, da Wind, Sonne und Wasser an verschiedenen Orten unterschiedlich nutzbar sind. Auf den Vorwurf, dass die inländische Stromproduktion hinterherhinke und die Grünen wie im Kanton Wallis einen Solarpark verhindert haben, nahm Daniel Leupi Stellung: "Natürlich ist es ärgerlich, dass solche Projekte abgelehnt werden. Gebaut werden muss allerdings auch nicht mitten im Naturschutzgebiet." FDP-Nationalrätin Regine Sauter erinnerte die Teilnehmenden daran, dass die Stromproduktion bis 2050 verdoppelt werden müsse. Die Schweiz müsse deshalb einen sinnvollen Energiemix vorantreiben. Investitionen sollen dort gemacht werden, wo der Nutzen am grössten ist. "Und schliesslich benötigen wir ein Strommarktabkommen als zentralen Pfeiler unserer Energieversorgung. Voraussetzung dafür ist allerdings eine vorgängige Strommarktliberalisierung im Inland", führte ZHK-Direktorin Regine Sauter aus.

ZHK unterstützt Regine Sauter und weitere bürgerliche Kandidaten

Die Debatte hätte noch länger laufen können, aber das Frühstücksbuffet wollte nach knapp einer Stunde nicht länger auf sich warten lassen. Entsprechend liefen die Diskussionen um die bestehenden Herausforderungen für den Standort Zürich individuell weiter. Eine Wahlempfehlung ausgesprochen hat der Vorstand der ZHK vor einigen Wochen. Die ZHK unterstützt die Kandidatur von Regine Sauter, FDP-Nationalrätin und Direktorin der Zürcher Handelskammer, und erachtet beide zur Wahl antretenden bürgerlichen Nationalräte Gregor Rutz (SVP) und Philipp Kutter (Die Mitte) als wählbar und geeignet, die Interessen des Wirtschaftsstandorts Zürich in der kommenden Legislatur im Ständerat wirksam zu vertreten.