Damit Zürich auch 2048 lebenswert ist


Der Klimawandel fordert uns heraus. Für Regine Sauter, Direktorin der Zürcher Handelskammer, ist die Wirtschaft nicht das Problem, sondern Teil der Lösung. Am vierten Anlass in der Reihe Wirtschaft@Wirtschaft diskutierten Noah Gunzinger, Christian Jankovski und Merlin Ouboter über Innovationen in den Bereichen Neo Ecology und Mobilität.

Der Einstieg in die Diskussion in der Bar am Wasser war provokativ. Gezeigt wurde der Trailer des Films «Zürich 2048» von und mit Christian Jankovski, einer der drei Referenten an diesem Podium der Zürcher Handelskammer (ZHK). Protagonist im Film ist Damian, ein junger Mann, der sich in Isolation befindet. Draussen ist es 65 Grad heiss, er kann darum seine Wohnung nicht verlassen, eine Beziehung hat er einzig zu Mailin, einem Hybrid, halb Frau, halb Roboter. 

Kooperation von Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung ist gefragt

«Ich muss sie warnen», sagte ZHK-Direktorin Regine Sauter in der Begrüssung: «Dieses Zürich von 2048 ist nicht das Zürich, das Sie und ich wollen.» Persönlich sei sie überzeugt, dass die Wirtschaft nicht das Problem, sondern Teil der Lösung sei. Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung müssten gut und auf Augenhöhe zusammenarbeiten. «Wir haben viele kluge Köpfe in Zürich. Also werden wir auch kluge Lösungen finden», sagte Regine Sauter. Voraussetzung dafür sei Dialog, Kooperation. Die ZHK biete diese Plattform.

Christian Jankovski, Schauspieler, Drehbuchautor und Coach, betonte, dass mit dem Film bewusst provoziert werden solle. Die Herausforderungen seien riesig – und wenn man sich die Hitze der aktuellen Tage vergegenwärtige, so sei das Szenario im Film zwar zugespitzt, aber nicht völlig unrealistisch. «Viele ältere Menschen gehen schon heute im Sommer kaum aus dem Haus, weil es so heiss ist.» Er selbst habe nicht Angst, aber Respekt vor der Zukunft. Nachhaltigkeit sollte nicht bloss an der Oberfläche behandelt werden, gefragt sei ein Bewusstsein für das eigene Handeln – gerade heute, in einer Gesellschaft, die von Reizen und Konsum geprägt sei. Für Christian Jankovski braucht es dazu ein bewusster Umgang mit dem Thema Ökologie – bereits in der Schule: «Wir sollten bei Schülerinnen und Schülern das Bewusstsein für die Themen Nachhaltigkeit und Technologie stärken. Das ist nicht in einer Projektwoche getan, sondern sollte sich quer durch den Unterricht ziehen.»

«Gefragt ist auch Suffizienz»

Noah Gunzinger, Managing Director von Myblueplanet, nahm diesen Ball und sagte: «Die Schweiz ist ein Land der kurzen Wege. Das ist ein Vorteil.» Er wünsche sich mehr Spielraum und mehr Ownership bei der Verwaltung, um innovative Neuerungen pragmatisch umzusetzen. In der Wirtschaft müsse Nachhaltigkeit institutionalisiert und integriert werden. «Sinnvolle Nachhaltigkeit sollte eine Form des Denkens, der Geisteshaltung sein», sagte Noah Gunzinger. Für ihn geht es indes nicht nur mit Innovationen, gefragt sei auch Suffizienz und ein Bewusstsein, das schon in der Schule zu fördern sei, wieviel Energie wofür benötigt werde und dass manches etwa auch in Videocalls abgehandelt werden können – statt an Sitzungen, zu denen alle mit dem Flugzeug anreisen.

Vision für städtische Mobilität

Für Merlin Ouboter, der zusammen mit einem Bruder im Familienunternehmen eingestiegen ist und der aktuell den Microlino vermarktet, ein innovatives und elektrisches Kleinfahrzeug, gilt es, die Anreize richtig zu setzen. «Es ist unverständlich, dass manche Flugstrecken günstiger sind als Zugverbindungen.» Grundsätzlich gebe es in Zürich viele innovative Firmen. Wichtig sei, dass regulatorisch keine Steine in den Weg gelegt würden. Nachhaltigkeit sei einerseits ein Marketing-Begriff; gleichzeitig müssten sich Unternehmen anpassen, sonst seien sie in zehn Jahren zu spät.

Die Vision hinter dem Microlino beschrieb Merlin Ouboter so: «Die durchschnittliche Besetzung von Autos liegt bei 1,2 Personen, zurückgelegt wird eine tägliche Strecke von 35 Kilometer, bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 38 Kilometer pro Stunde. Der Microlino ist genau auf diese Anwendung zugeschnitten.» Gerade in Städten böte ein breiter Einsatz von solchen Kleinfahrzeugen viel Potenzial. «Ein Microlino braucht nur einen Drittel des Platzes. Die Parkplätze müssen nicht abgeschafft werden, könnten aber anders genutzt werden – etwa für Parkbänke oder Grünräume.»