Frauen werden stärker aufgrund harter Qualifikationen bewertet

Zürich/St.Gallen - Forschende der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) und der OST - Ostschweizer Fachhochschule haben untersucht, inwieweit geschlechtsbezogene Muster bei Auswahlverfahren im Topmanagement bestehen. Bei Männern wird demnach mehr auf die Persönlichkeit geachtet, während Frauen stärker nach harten Qualifikationen bewertet werden.

(CONNECT) Harte Qualifikationen wie Titel, Positionen, Abschlüsse oder bisherige Führungsfunktionen fallen bei Personalentscheidungen schwerer ins Gewicht als Kompetenzen, wie aus einer Mitteilung der Hochschule für Wirtschaft (HWZ) hervorgeht. Inwieweit dies den geringen Anteil von Frauen in Führungspositionen erklärt, zeigt eine Studie der HWZ und der OST - Ostschweizer Fachhochschule. Harte Kriterien werden demnach „als verlässliche Indikatoren für Eignung wahrgenommen, obwohl sie wenig darüber aussagen, wie kompetent jemand tatsächlich führt, kommuniziert oder strategisch denkt“.

Die Studie stützt sich auf eine Auswertung von 22’000 Motivationsschreiben von Bewerbenden und 5500 Beurteilungen eines Schweizer Personalvermittlungsunternehmens. „Mithilfe von dichtebasiertem Clustering und Word Embeddings konnten Muster identifiziert werden, die zeigen, welche Kompetenzen und Qualifikationen beachtet wurden und wie sie bewertet wurden“, heisst es. Diese Muster könnten Frauen den Zugang in hochrangige Führungspositionen erschweren. „Frauen werden zu 56% über harte Qualifikationen beurteilt - Männer nur zu 35%. Männer profitieren deutlich häufiger von persönlichkeitsbezogenen Einschätzungen, die ihnen einen impliziten Vertrauensvorschuss gewähren.“ Demnach würden Frauen an genau jenen „harten“ Kriterien gemessen, die sie schwer erbringen können, da ihnen der Zugang in Toppositionen strukturell seltener möglich sei als Männern. 

Eine Empfehlung der Forschenden an Unternehmen lautet, bei Auswahlprozessen die „Selektionslogik“ zu ändern. Um mehr Geschlechterdiversität und „die besten Talente“ ins Unternehmen zu bekommen, müssten Auswahlprozesse modernisiert und stärker auf Kompetenzen gesetzt werden. Ein kompetenzorientierter Ansatz könne helfen, „Deep-Level-Diversität zu erkennen und damit unterschiedliche Perspektiven, Werte, Haltungen und Fähigkeiten einzubeziehen im Entscheidungsprozess, die nachweislich zu besseren Entscheidungen im Topmanagement führen“.

Die Studie soll vertieft werden. Als nächstes gehen die Forschenden der Frage nach, inwieweit Selektionskriterien im Bewerbungsprozess angepasst werden können und in welchem Verhältnis Qualifikationen und Kompetenzen künftig zu gewichten sind. ce/heg 

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