Nachteil Internationaler Steuerharmonisierung mit Effort im Innern begegnen

 

von Dr. Regine Sauter, Direktorin Zürcher Handelskammer und Nationalrätin (FDP) 

Nach den G7-Staaten hat nun also auch eine Mehrheit der OECD-Staaten einer internationalen Steuerharmonisierung zugestimmt. Diese stützt sich auf zwei Säulen: Zum einen werden internationale Konzerne nicht mehr nur in jenem Staat steuerpflichtig, in dem sie ihren Sitz haben, sondern auch in jenen Ländern, in denen sie einen gewissen Mindestumsatz erzielen. Die Rede ist vorerst von Unternehmen, die einen Umsatz in zweistelliger Milliardenhöhe erreichen.  Zum anderen haben die Länder Unternehmen ab einer bestimmten Grösse mit einem Steuersatz von mindestens 15 Prozent zu besteuern.

Offenbar hat auch die Schweiz diesen Massnahmen zugestimmt. Realistischerweise hatte sie wohl keine andere Möglichkeit, will sie nicht riskieren, auf einer schwarzen Liste zu landen. Sie hat indessen, zusammen mit anderen Staaten, darauf gepocht, dass den Interessen kleiner innovativer Länder genügend Beachtung geschenkt werden müsse.

Steuerbelastung in der Schweiz sehr unterschiedlich

Was ist davon zu halten? Vorerst gilt es klarzustellen, dass es verfehlt ist, der Schweiz das Label «Steuerparadies» anzuheften, wie dies der amerikanische Präsident getan hat. Vielmehr hat unser Land seine Hausaufgaben gemacht, die international verpönten Steuerprivilegien für z.B. Holdinggesellschaften abgeschafft und das Unternehmenssteuersystem OECD-konform revidiert. Allerdings gibt es zwischen den Kantonen zum Teil erhebliche Unterschiede in Bezug auf die geltenden Steuersätze. Das liegt in der Natur der Sache, wenn in einem föderalen Staat die Steuerhoheit bei den Gliedstaaten liegt und diese untereinander im Wettbewerb stehen. So beträgt die Gewinnsteuerbelastung in Zürich beispielsweise 19,7 Prozent, im Nachbarkanton Zug jedoch nur 11,91 Prozent oder im Kanton nördlich von Zürich, Schaffhausen, 13,94 Prozent1

Zürich bildet mit seiner vergleichsweise hohen Steuerbelastung denn auch fast das Schlusslicht in der Schweiz (nur der Kanton Bern liegt mit einer Gewinnsteuerbelastung von 21,04 Prozent noch dahinter). Bedenklich ist zudem, dass der eigentlich vorgesehene zweite Schritt der Umsetzung der Unternehmenssteuerreform im Kanton Zürich, der eine Senkung der Gewinnsteuerbelastung auf 18,19 Prozent beinhaltet, politisch vorerst vom Tisch zu sein scheint.

Steuerwettbewerb zwingt zu schlanken Strukturen

Was würde nun die international geforderte Mindestbesteuerung für die Schweiz bedeuten. Genau sagen oder beziffern lässt sich dies (noch) nicht, viele Fragen sind noch offen. So besteht beispielsweise keine Klarheit bezüglich der massgebenden Steuerbasis. Ob es auch in Zukunft möglich sein wird, Erträge aus Innovationen reduziert zu besteuern, ist fraglich. Was sich indessen abzeichnet, ist, dass es innerhalb der Schweiz zu einer Annäherung bei den Steuersätzen kommen, die Bandbreite schmäler werden wird. Einige, vor allem linke Kreise, mögen dies begrüssen, ist ihnen der Steuerwettbewerb doch ohnehin ein Dorn im Auge. Und vermeintlich könnte sich Zürich etwas zurücklehnen, weil die Differenz zu seinen Nachbarn kleiner wird. Dabei wird aber etwas Wesentliches übersehen, dass nämlich eben gerade der Wettbewerb dazu zwingt, fit zu bleiben, weil man sich laufend mit anderen messen muss. Es verpflichtet die Kantone auch dazu, mit den vorhandenen Mitteln haushälterisch umzugehen und ihre Strukturen schlank zu halten. 

Auch international wird die Differenz zwischen den Staaten kleiner werden. Ein Land kann nicht mehr ausschliesslich mit tiefen Steuern punkten, sondern muss für Unternehmen aus anderen Gründen attraktiv sein. Und hier wiederum ist nun die Schweiz in einer guten Position. Internationale Unternehmen, die die Schweiz als Standort wählen, bestätigen uns, dass die Steuern zwar ein Entscheidkriterium sind, aber eben nur eines unter verschiedenen. Ebenso wichtig sind die Verfügbarkeit hervorragend qualifizierter Arbeitskräfte und ein liberales Arbeitsrecht, eine gute internationale Einbindung, stabile politische Rahmenbedingungen und letztlich auch eine hohe Lebensqualität. Alles Faktoren, bei denen die Schweiz immer hohe Noten erhält.

Gute Rahmenbedingungen erhalten

Somit Grund zur Gelassenheit in Bezug auf die internationalen Steuerentwicklungen? Man kann es so sagen: Wir haben zumindest eine gute Ausgangslage – was aber nicht heissen soll, dass die internationale Gleichmacherei in Steuerfragen grundsätzlich eine gute Sache wäre. Uns nun auf unseren Lorbeeren auszuruhen, wäre auf jeden Fall das falsche Konzept. Denn das Bewusstsein, dass gute Rahmenbedingungen keine Selbstverständlichkeit sind, ist längst nicht überall vorhanden. Wie anders könnte man sich politische Vorhaben wie eine 99%-Initiative, Bestrebungen zur Einführung von Mindestlöhnen oder nicht zuletzt auch den Abbruch der Verhandlungen mit der EU, unserem wichtigsten Handelspartner, über ein institutionelles Rahmenabkommen erklären?

Als Zürcher Handelskammer, die die Interessen der Unternehmen im Wirtschaftsraum Zürich vertritt, werden wir auf jeden Fall den Finger immer auf diese Punkte legen. Denn für uns ist klar: Die Attraktivität unseres Standortes ist unser grösstes Asset. Es braucht hier den kontinuierlichen Effort gut zu sein und besser zu werden. Denn nur auf einem guten Boden kann auch etwas Gutes wachsen. 

 1 Die Angaben geben die ordentliche Gewinnsteuerbelastung (kombinierter Gewinnsteuersatz) in den jeweiligen Kantonshauptorten wieder.

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